MARIA TERESA PONCE. Die anwesende Abwesenheit
Maria Teresa Ponce sagt, sie kennt das, wenn Menschen nostalgische Gefühle für ihr Land entwickeln, das sie verlassen haben und in dem Freunde, Familie, Orte, Erlebnisse und die eigene Geschichte zurückgeblieben sind. Mit neun hat sie Ecuador verlassen, ist in die USA gezogen, hat dort ihre Jugend verbracht, hat Architektur studiert. Dann, als fertige Architektin, ist sie zurückgezogen nach Ecuador. Im Land war Wirtschaftskrise, keine Arbeit für junge Architekten.
Diese Krise war für sie die Schwelle zur Kunst. Sie hat begonnen zu Fotografieren. Hat erlebt, dass sie sich mit Fotografie neue Welten erschließen kann, solche, die sie interessiert haben, aber zu denen sie kaum Zugang hatte. Angefangen von ihrer fotografischen Arbeit, die die Gefängnisinnenwelt samt ihrer Bewohner erforscht, und die sie anschließend digital in ein abbruchreifes Spitalsgebäude, in die Ruinen öffentlicher Gesundung montiert, bis hin zu ihren Landschaftsaufnahmen entlang einer Pipeline auf dem Weg vom Amazonas Regenwald an die Pazifikküste, die den Eindruck wecken, dass Reichtum und wirtschaftlicher Prosperität in einem hermetisch dichten Rohr durch und außer Landes geführt werden. Das Aufsuchen von Lebensräumen und die Bereitschaft sich diesen Räumen samt ihren Bewohnern auszusetzen ist für die Arbeiten der Künstlerin charakteristisch geblieben.
Dem dokumentierenden Moment ist das Bewusstsein für Inszenierung hinzugekommen, in manchen ihrer Projekte zeichnet sich ein intervenierender Zugang ab. Maria Teresa Ponce arbeitet mit dem Medium Fotografie, das heißt sie setzt es ein, nicht nur um Bilder zu produzieren, sondern um zu erfahren und ein Gefühl für Zusammenhänge zu wecken, die leicht übersehen werden. Manchmal sagt die Künstlerin, befinde sie sich an der Grenze zum Aktivismus, der Begriff Fotografin jedenfalls greift ihr zur künstlerischen Selbstverortung zu kurz. (Text: Wolfgang Haas)