Glenn Murcutt - architecture for place
Er hat keine Angestellten, keine Assistenten, keine Website, oder E-mailadresse. Seit Murcutt 1969 sein eigenes Büro in Sydney eröffnet hat, arbeitet er alleine. Ein Künstler- und Ausstellungsportrait anlässlich der Ausstellung "architecture for place" im Architekturzentrum Wien.
Nach eigener Aussage befreit er sich dadurch vom Druck der Verantwortung gegenüber Angestellten. Wenn nötig kooperiert er mit anderen Architekten, wie beispielsweise seiner Frau Wendy Levin. In den letzten 40 Jahren sind mehr als 500 Bauten entstanden, alle in Australien, fast ausschließlich Wohnhäuser und bis auf wenige Ausnahmen von ihm alleine entworfen, geplant und unter seiner Aufsicht umgesetzt.
Die Ausstellung im AzW, konzipiert von der Architecture Foundation Australia, konzentriert sich auf realisierte private Wohnhäuser, anhand derer die Position und die Ideen von Murcutt am besten nachvollzogen werden können.
Großformatige Pläne, Entwurfsskizzen und Ausführungspläne mit handschriftlichen Anmerkungen erschließen neben einem Video seine Arbeit. Er legt seine Projekte zumeist auf 4 bis 5 Zeichnungen auf Papier im Format A2 fest, ohne Computer, handgezeichnet. Die Baufirmen die mit ihm arbeiten, kennen seine Arbeitsweise bereits und benötigen wenige Anweisungen. Die Ausstellung bietet einen interessanten Einblick in bekannte und weniger bekannte Projekte.
Er selbst nennt, abgesehen von traditionellen Bauweisen, Mies van der Rohe, Frank Lloyd Wright oder Alvar Aalto als Einflüsse, weiters die Langhäuser Neuguineas, die er in seiner frühen Kindheit gesehen hat. Später inspirierten ihn traditionelle griechische Häuser, der Kontakt mit den „Regionalisten“ Craig Elwood und Jose Antonio Coderch, und nicht zuletzt die Kultur der australischen Aboriginals mit ihrer Ethik des Ungestörtlassens der Natur.
Die Materialien seines Portfolios sind mannigfaltig - Metall, Stein, Ziegel, Holz und Beton werden in seinen Bauten meistens kombiniert. Oft sind sie wie simple, langgezogene Pavillons strukturiert und unterscheiden sich voneinander durch die Art, in der Fenster, Dächer, und Schatten- sowie Kühlung spendende Elemente in die Struktur integriert sind.
Alle seiner Bauten versuchen, den Energiebedarf am Minimum zu halten und die Form an die klimatischen Bedingungen anzupassen. Er selbst zieht den Vergleich zum Segeln auf einer Jacht, die man bei der Benützung an die wechselnden Erfordernisse der Elemente anpasst.
Die meisten Architekten bauen, soweit es ihnen der letzte Stand der Technik erlaubt. Dies ist nicht Murcutts Ansatz. Die Möglichkeit etwas zu tun, legitimiert das Vorhaben noch nicht. Die grundsätzlichen Notwendigkeiten der Menschheit sind immer noch dieselben. Man muss nicht neue Probleme erfinden, um sie dann zu lösen sondern die existierenden lösen. Die Architektur muss für Murcutt eine Antwort sein, und nicht etwas Aufgezwungenes.
Er nimmt wenige Aufträge an, die Projekte können bis zu 5 Jahre dauern. Er interviewt seine Bauherren, interessiert sich für sie, will wissen wie sie denken, was sie lesen, essen, was für Kunst ihnen gefällt. Die Häuser sind wie Maßanzüge, aber sie leben mit den Auftraggebern mit und sind je nach Lebenssituation anpassbar.
Muscutt schenkt der Bewegung der Sonne und des Mondes, den Jahreszeiten und der Landschaft viel Beachtung und entwirft seine Gebäude, um sie mit den Bewegungen des Lichts und des Windes abzustimmen. Viele seiner Bauten haben keine Klimaanlage. Sie wirken wie offene Galerien, seine Häuser erinnern an das Haus Farnsworth von Mies van der Rohe, sie haben den Pragmatismus einer Schäferhütte. „Er ist ein architektonischer Techniker, der in der Lage ist sich in die Umgebung einzufühlen und direkte, ehrliche, unprätentiöse Kunstwerke einzufügen.“ (Pritzker Preis Jury)
„Ich kann mir keine andere wünschenswerte Vision der Zukunft vorstellen als eine ökologisch angepasste Lebensform, in der die Architektur zu den ursprünglichen Idealen des von der Biologie abgeleiteten Funktionalismus zurückkehrt. Die Architektur verwurzelt sich so neuerlich in ihren regionalen und kulturellen Böden. Diese Architektur könnte man ökologischen Funktionalismus nennen“ (Text: Cem Angeli)