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FERNANDO BOTERO. Bilder bewohnen

Kategorie: Ausstellung 19. Oktober 2011

„In meinen Bildern gibt es unwahrscheinliche, nicht unmögliche Dinge“. Fernando Botero im Bank Austria Kunstforum in Wien. Ein Künstler und Ausstellungsporträit.

"Ein Bild das Du beginnst, befindet sich außerhalb von Dir. Wenn Du es fertig stellst, wohnst Du schon darin.“ F. Botero

Die Geschichte der Kunst ist die derjenigen, die auf andere Weise sehen gelernt haben, das Unsichtbare sichtbar gemacht haben. Der Künstler stellt sich das Objekt vor und präsentiert es in einer Form, die eine unmittelbare Erfassung der Sache ermöglicht. Die Energie und Emotion, die in das Bild einfließen, werden so erfahrbar für den Betrachter, wie bei Boteros erotischer Reibung zwischen der Realität und der Kunst. Er zeigt essbare Malerei, die Stillleben und Früchte sind saftig und appetitlich. Eine gewaltige gelbe Birne, in der sich ein Wurm schlängelt wirkt jedoch fast bedrohlich, das Liebliche der Farben, auch die ikonenhafte Starrheit der Porträtfiguren lösen Beunruhigung aus.

Die aktuelle Schau im Bank Austria Kunstforum ist durch Themenkreise vom Akt über das Stillleben, den Stierkampf (Botero ist Stierkampf-Experte), bis zu Alltagszenen und Porträts sowie Paraphrasen auf die großen Meister gegliedert. Aufenthalte in Spanien und Italien, wo er Werke der frühen Renaissance und der spanischen Barockmalerei studierte, haben den Künstler beeinflusst. Im Prado hat er Goya, Velázquez und Rubens entdeckt, schon vorher hatte er sich für Picasso begeistert. 70 seiner Gemälde sind insgesamt in der Ausstellung zu sehen. Einen Teil der Ausstellung über die US-Gräueltaten in Abu Graib hat Botero der Universität Berkeley in San Francisco geschenkt, vielleicht inspiriert sie Künstler in diesem vormals mexikanischen Bundesstaat, die Linie der politischen Künstler Diego Rivera, Clemente Orozco y David Siqueiros fortzusetzen.

Boteros Bildwelt basiert nicht auf der direkten Betrachtung der Vorlage, sondern auf seiner inneren Erfahrung der Realität, der Intensität seiner Erinnerung. Die Figuren sind nicht nur Ergebnis eines visuellen Aktes Boteros, sondern auch Berührungs-, Geschmacks-, Gehör- und Geruchswahrnehmung des Künstlers sind mit eingeflossen und werden mittels Farben, Oberflächen, Formen und jedem einzelnen Detail an uns vermittelt.

Die scheinbar geschmacklosen lebhaften Farben und das Folkloristische der Sujets werden von einer strengen Komposition und nüchterner Struktur und Geometrie abgemildert. Mit dieser gleichsam architektonischen Klarheit erschließt er eine Welt, die er sich angeeignet und somit erschaffen hat. Die kolumbianische Provinz hat die Welt der Kunstgeschichte erobert. Er ist der Mann, der seine Fabel ernst nimmt und uns mit ihr zum Lachen bringt. Aber die vergnügte Täuschung der Komödie kann sich auch ins Bedrohliche und Tragische wenden.

Ein „volkstümlicher“ Geschmack, mit Maßlosigkeiten und Kontrasten, nährt die formale Ausdehnung der Figuren, nach Belieben bewegt Botero seine voluminösen, fleischgewordenen Marionetten in einer Atmosphäre von Altarbildern. Von naiver Anmutung ist der Stolz der Figuren in den Gruppenbildern aus der kolumbianischen Provinz, sie vermitteln den Eindruck von zu groß geratenem Spielzeug. Die Asymmetrien und räumlichen Unwahrscheinlichkeiten werden von einer internen Logik dieser verfremdeten Welt regiert und vom Betrachter akzeptiert. Auffallend ist der visuelle Pragmatismus, der scheinbar absichtliche grobschlächtige Humor; die fast bösartige Einfalt des Naiven bietet uns eine erste Bildebene, die erfüllt ist von Falltüren und Verlockungen. Die Anhäufung von präzisen Details und augenzwinkernden Motiven beschäftigen und entzücken uns, die Kunstgriffe des geübten Erzählers vermitteln trotz aller Kunstfertigkeit den Eindruck des Authentischen.

Seine Kunst enthüllt Bilder, die anders sind, als das was gezeigt wird - sie verwandeln sich in eine wahrnehmbare Öffnung der Wirklichkeit, aus der sich die pummeligen Figuren Boteros hinauslehnen und zu uns herauskommen.
Die Übertreibung hat uns zu Komplizen gemacht, in einem Spiel, das wir euphorisch mitspielen. Glücklich installieren wir uns in diesem Traumszenario - um uns dann in einem Alptraum wiederzufinden in dem sich das Heitere in Abgründiges wendet. (Text: Cem Angeli)

https://www.kunstforumwien.at/


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