ROY KORTICK. al fresco
Pferde, Bären, Löwen, Menschen und mythische Figuren, gemalt an Höhlenwände in Namibia, Südfrankreich oder Indonesien vor zehntausenden von Jahren, zählen zu den frühesten uns bekannten künstlerischen Ausdrucksformen der Menschheit. Aufgrund ihrer Haltbarkeit und ihrer leuchtenden Farben wegen werden sie als frühe Formen der Freskomalerei bezeichnet.
Die Motive der Freskos früher Zivilisationen, dem Alltag entnommene und mythologische Figuren, entwickelten sich. Den Gipfel ihrer Pracht erreichte die Kunst der Freskomalerei während der italienischen Hochrenaissance. Michelangelo und auch Raffael, Meister dieser Technik, schmückten Wände und Decken der Sixtinischen Kapelle und des Apostolischen Palasts im Vatikan durch Auftrag der in Kalkwasser angerührten Farbe al fresco – ins Frische noch feuchten Kalkputzes.
Roy Kortick, Künstler im New Yorker Stadtteil Williamsburg, greift die Freskomalerei und andere künstlerische Techniken auf, die wir mit früher sakraler, mitunter auch naiver Kunst des Menschen verbinden, und nutzt diese als Ausdrucksmittel unserer Zeit sinnlicher Überladung und zerbrechender Taboos. Seine Kunst, inspiriert vom Knuddeligen unserer Kindheit und profanen Ikonen unserer Unterhaltungskultur, hebt scheinbar Unschuldiges heraus und bettet es in neue Konstellationen: Da stößt Snoopy, auf einem Flugzeug liegend, an Häschen, die wie Tillergirls auf einem Band Frauenunterwäsche aneinandergereiht erscheinen. Daneben geben sich amerikanische Ureinwohner, Polarbären, Astronauten und Kuscheltiere seiner Kindheit ein Stelldichein al fresco. Als tempelartige Zusammenstellungen muten seine Arbeiten respektlos provisorisch und zugleich doch einnehmend an – Kunst, dem Gedenken unserer Jetztzeit dienend.
Bemerkenswert sind die Fresken, jene aus den Höhlen und den Wänden der Renaissanceepoche ebenso wie die aus Korticks Innenansicht unserer Zeit, nicht nur hinsichtlich ihres kulturellen und historischen Gehalts, sondern auch hinsichtlich ihrer technischen Raffinesse. Leuchtkraft und Beständigkeit, erreicht durch die Einbindung der Farbe in den frischem Putz, Oberflächenglanz durch den Gebrauch von Harzen und Laminaten. Wie sehr wir auch über die Bedeutungen der reichen Bildsprache frühzeitlicher wie auch zeitgenössischer Fresken mutmaßen mögen, es gehe ihm, sagt Roy Kortick, letztlich um die Arbeit, das Tagwerk, das in sie eingeflossen sei. Sagt's – zwinkert und lacht. (Text: Wolfgang Haas / Janima Nam)