EDUARD ANGELI. Retrospektive
Bei der Malerei des Eduard Angeli stehen Kunstfreunde vor einem großen Problem. Seine Arbeit kann nicht gebührend geschätzt werden, wenn sie nicht live betrachtet wird. Natürlich ist der Besuch einer Ausstellung dem Ansehen von Fotos der Bilder im Internet oder in Büchern stets vorzuziehen, wahrscheinlich ist der Unterschied sogar größer als der zwischen einem Konzertbesuch und einer Tonaufnahme. Im Fall eines Künstlers mit einer solch breiten Palette von Zwischentönen wird der Spalt jedoch schwindelerregend. So weit sie auch schon fortgeschritten ist, vermag die Fototechnik die feinen, fast unmerklichen Variationen der Farbtöne nicht wiederzugeben, die Angeli jedem seiner Pinselstriche individuell mitgibt.
Nun sind die Arbeiten Eduard Angelis in der Basteihalle der Albertina ausgestellt und es gibt für den Kunstinteressierten die Möglichkeit sich selbst davon zu überzeugen. Kuratiert von Direktor Klaus Albrecht Schröder, ist die etwa 60 Werke umfassende Schau im Wesentlichen chronologisch angeordnet. Nach farbstarken Pastellen der 70er und 80er Jahre, gibt es Bilder, die ab den späten 90ern vor allem in Venedig entstehen, mit deutlich dunkleren Farbtönen. Ein eigener Raum ist seinem zeichnerischen Werk gewidmet.
Mit einem Minimum an narrativen Elementen malt Angeli hauptsächlich aus seiner Erinnerung, vergangene Pracht dient als Inspirationsquelle für die Arbeiten in Öl, Kreide, Pastell oder Rötel auf Jute, Papier oder Segeltuch.
Die Landschaften, Gebäude, die Atmosphären in Angelis Bildkompositionen sind Orte, wo das Leere eine existenziell dynamische Bewegung hat. Leere als Terminus allein trifft es natürlich nicht, es sind Manifestationen von Transzendenz, sie organisieren einen Bildraum, weil sie mit einem spirituellen Wert ausgestattet sind.
Das ganze Werk ist durchzogen von der spirituellen Bemühung um eine metaphysische Erfahrung des Sehens. So bringt die Malerei Angelis nicht Reflexion, sondern Erfahrung hervor. Die Erfahrung der Einsamkeit, der Stille und der Leere sind Voraussetzungen für die Erkenntnis der Fülle. Die Leere ist für ihn, wie für östliche und westliche Mystiker auch, nicht eine Abwesenheit sondern Herstellung von Sinn. Die Leere stimuliert die Vorstellung von Fülle und bringt sie erst hervor.
Eine moderne Strömung der Philosophie, die Schule von Kyoto, sagt etwas, was sein Werk gut definiert: „nicht die Wirklichkeit ist leer, die Leere ist die Wirklichkeit“.
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