CHRISTIAN EISENBERGER. Der Reiz künstlerischer Gebärde.
Künstlerportrait Christian Eisenberger. Warum reizt das Unbesorgt-Sein an Menschen und Dingen? Weil es den Anschein von Verwahrlosung oder von Kindsein macht.
Wenn ein Baum fällt, tief drinnen in einem Wald und niemand kann es bezeugen. Ist es dann wirklich geschehen? Und wenn jemand ein Kunstwerk macht, irgendwo am Fuße eines Berges und niemand anderer war dabei. Ist es dann wirklich Kunst? Wie beschränkt darf Wirkung eigentlich sein, damit sie noch Künstler hervorbringt?
Der in Wien lebende Künstler Christian Eisenberger ist mit seinen Arbeiten nicht auf den als solchen deklarierten Kunstraum beschränkt. Leitet ihn der Impuls, produziert er. Die Dinge gehen ihren Weg, unabhängig davon, wann und wo, seine Kunst entsteht aus Notwendigkeit. So entstehen Schneeskulpturen auf Wiesen und wachsen Twin-Towers aus Zuckerwürfeln aus dem Waldboden und bleiben wo sie sind bis sie schmelzen oder von Ameisen abgetragen werden. In solcher Land-Arbeit spiegelt sich für Christian Eisenberger Charakteristisches wider: Losarbeiten, wenn es ihn überkommt und sich nicht von den Schranken der Kunstwelt, ihren kunstgetrimmten Orten, ihren Aufträgen, ihrem Versprechen von Wirkung, eingrenzen lassen. Aufmerksamkeit hat seine Arbeit erstmals erregt als er kurzentschlossen Pappfiguren von Bettlern, von Flüchtigen, von solchen Menschen, die andere gerne ungesehen machen würden, im Stadtraum verteilt hat und dann im Umfeld von Kunstmessen. Kunst kann eine Geste sein, die örtliche Vorschreibungen missbilligt.
Die Lust sich künstlerisch zu gebärden kann unterschiedliche Gründe haben. Auf der einen Seite könnte man sagen, dass Kunst ein Ruf nach Aufmerksamkeit sei, eine narzisstische oder eine politische Geste. Auf der anderen Seite ist Kunst auch eine Form von Spiel, eine Möglichkeit durch Ausprobieren etwas hervorzubringen, etwas das Lust oder Freude bereitet - selten ist etwas gebärdender und anarchischer als das was Lachen macht. Eisenberger schafft Arbeiten, die spielerisch entstehen. Sie fordern das Weg-sehen, und die gewohnte Handhabe heraus, oft sind es Rollen, aus denen das was entsteht die Form von Kunst annimmt. Z. B. wenn er als Künstler im White-Cube buchstäblich seinen Bärendienst an der Kunst versieht oder sich aus Hüllen schält, die einmal er „der Künstler“ waren.
In der Verwendung beiläufiger, gerade herumliegender oder eben verfügbarer Materialien wie Plastikklebebänder, Kartonschachteln oder seinem eigenen Sperma findet sich die Hingabe Christian Eisenbergers an Spontaneität und Rebellion gegenüber festgeschriebenem Wert wieder. Seine Reproduktionen von uns wertvollen Dingen und Vorstellungen aus solch „unechten“ Materialien machen den Anschein der Sorglosigkeit und dieser reizt: Als auf Ablehnung stoßendes Anzeichen der Verwahrlosung des Wertvollen. Oder, als herbeigesehnter Zustand des Kindseins. (Text: Wolfgang Haas / Janima Nam)
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