ARON DEMETZ. Dialog mit dem Leben
Er hat sich die Tradition zu Eigen gemacht, um sie „wieder zu vergessen“: Holz als Herausforderung und Möglichkeit des Scheiterns. Ein Künstlerportrait des Bildhauers Aron Demetz von CastYourArt.
Aron Demetz hebt die klassische Einteilung „Original versus Abbild“ auf und thematisiert stattdessen eine Interaktion: der Mensch hat einen Standort in dem natürlichen Raum, der ihn umgibt, wird von diesem geprägt und wirkt seinerseits wieder auf ihn zurück; diese Wechselwirkung ist nicht statisch, sondern ein fortwährender, lebendiger Prozeß. Der Mensch und sein Körper werden zum Akteur und sie werden selbst Schauplatz des Geschehens. Die Auseinandersetzung des Künstlers mit dem Raum zeigt, dass die Figuren mit dem Betrachter in einen Dialog eintreten über die Möglichkeiten des Standorts.
Die Kenntnis der Bedingungen, die dabei der Werkstoff Holz bietet, ist ein entscheidender Punkt: Die physische Natur entscheidet mit über die Bearbeitung und ein weiteres Mittel kommt hinzu: die Verkohlung und Verharzung der Oberflächen.
Die Kraft der Elemente wird im Entstehen, ihrer Verletzbar- und Heilbarkeit und auch im Vergehen zelebriert. Darüber hinaus geht es bei den Verkohlungen aber auch um das doppelte Wirken von Energien: einmal im Wachstum und dann im Brand als einem Vorgang der Entmaterialisierung. Man findet hier eine tiefgehende Wahrnehmung für die elementare Vitalität des Holzes vor.
Aron Demetz bringt uns den Wald und die Zeit zurück, als der Wald als ein bewusstes, lebendes Wesen empfunden wurde. Und er nützt den Baum in seinen diversen Erscheinungsformen als Weltachse und Quell der Erkenntnis. Durch seine Beschäftigung mit dem Holz und seiner tiefgreifenden künstlerischen Erforschung dieses Werkstoffs steht Demetz mitten in der zeitgenössischen Kunst, obwohl er sich selbst als Grenzgänger wahrnimmt.
Der Bildhauer ist ein Künstler, der sein Handwerk beherrscht ebenso wie die Kenntnis der Anatomie und ihrer Proportionen. Er macht oft vorbereitende Figuren in kleinem Maßstab. Diese Vorstudien im Statuettenformat belegen, wie präzise er mit dem Werkzeug umzugehen vermag. Für seine lebensgroßen Aktfiguren verwendet er Kettensäge und Axt, die Feinarbeiten werden mit Schnitzeisen und Holzhammer ausgeführt. In Zedernholz gefertigt, haben sie eine lebendige Anmutung, sie scheinen den Blick des Betrachters zu erwidern.
Dieses Gefühl wird dadurch verstärkt, daß Demetz sein Material nicht totbearbeitet. Er vermeidet es die Oberflächen zu gefällig zu gestalten – er vermittelt uns ein Gefühl für die Verwundbarkeit des Stoffes. Demetz hat keine Angst davor, die Sterblichkeit zu betonen und sich der körperlichen Begrenztheit in Kontrast zu einem glatten Ästhetizismus zu stellen.
Das Element des Feuers macht er sich zunutze, um die Oberfläche der Skulpturen zu formen, in einem intensiven und fast rituellen Prozeß. Bei diesen Verkohlungen verändert der Prozess das Erleben der Figur grundlegend: aus einem warmen, vertrauten, pflanzlichen Material wird an der Oberfläche etwas Mineralisches. Das Schwarz der Oberfläche verlangt ein anderes Sehen, es verändert die Wahrnehmung. Es weist auf den Prozess des Wachstums und des Vergehens, den Tod hin.
Wenn das geschaffene Bildnis die einzige Möglichkeit sein sollte, sich der Realität der eigenen körperlichen Begrenztheit im Kontrast zu einem von Werbeästethik manipulierten Vorbild zu stellen, begegnet Demetz ihm mit seiner originären Material- und Formsprache. Im Figurativen spiegelt sich seine Wahrheit der Welt wider.
Mehr noch als Körper bildet er Leiblichkeit ab, und obwohl er in seiner Formensprache weder zu reduziert noch zurückhaltend ist, gelingt es ihm in seiner Gratwanderung, eine Wirkung von innerer Zerbrechlichkeit und Feinheit zu vermitteln, ohne jemals sentimental zu wirken, oder, wo er Witz zeigt, ins Lächerliche abzurutschen. Demetz befreit seine Figuren von allem, was sie zu Individuen machen könnte und arbeitet eine klare, lebendige Menschlichkeit heraus, die sich echt und unbeschönigt sinnlich anfühlt. (Text: Cem Angeli)