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THOMAS DRASCHAN. Bilderschock, Nervenreiz, Orgasmus und andere Probleme

Kategorie: Porträt 7. April 2010

Künstlerportrait Thomas Draschan. Eine süßliche Bollywood-Melodie, die Blondine saugt lustvoll am steifen Schwanz ihres Partners, im nächsten Bild sehen wir, wie er ihr die üppig behaarte Möse einseift – ein 70er Jahre Porno? Nein, Kunst - Thomas Draschans Kunst…

Wozu brauchen wir ständig Bilder, wollen uns in ihnen widerspiegeln, wiedererschaffen? Sicher erlauben sie es uns, oftmals Einsichten zu geniessen, zu denen wir alleine nicht fähig gewesen wären und niemals sein werden. Sie helfen uns, zu entkommen, uns zu zerstreuen, uns an ihnen zu berauschen. Sie bergen ebenso das Risiko, dass sie uns übermannen und narkotisieren, entfremden.

Dekonstruieren, aufknüpfen, auseinandernehmen der Bilder bedeutet jene kulturellen und ideologischen Einbindungen zu lösen oder abzuschwächen, die ihrer Konzeption, Produktion und Rezeption zugrunde liegen und sie einer alternativen Lesart zugänglich zu machen. Diese Aneignung bedeutet immer auch Kritik, obwohl im Fall von Thomas Draschan keine vordergründige politisierende Haltung im Sinne von Medien- oder Kapitalismuskritik auf unmittelbar einsichtige Weise transportiert wird.

Seine Collagen zwingen den neuen Nexus zwischen ursprünglich unzusammenhängenden Bildern dem Betrachter nicht auf, er bildet Allegorien, die das Einzelelement dem Kontext entreißen, es isolieren und seiner Funktion entkleiden. Es handelt sich essentiell um Fragmente, die Elemente des gefundenen Materials werden dekontextualisiert und der Anschein von Totalität, der in konventionellen Werken vorhanden ist, zerbrochen. Draschan hat hier weder erschaffen noch zerstört, das rezipierte Resultat ist weder exklusives Produkt seiner Subjektivität noch der des Betrachters. Viele Sequenzen sind bereits perfekt wie sie vorgefunden werden, aufschlussreich, sowohl auf ihrer bewussten als auch halb- oder unbewussten Ebene. Er nimmt sich die Freiheit einer Inszenierung, die sich mittels hinzugefügter visueller und auditiver Effekte das Terrain öffentlicher Bilder zum privaten Gebrauch aneignet.

Die Diskontinuitäten des Schnitts zwingen den Zuseher implizite Bedeutungen zu bestimmen, wahrzunehmen. Die Rechtfertigung dieser Schnitttechnik liegt in der Möglichkeit einen mentalen Prozess zu reproduzieren, in dem ein visuelles Bild auf ein anderes folgt, je nach dem Punkt, auf den sich unsere Aufmerksamkeit richtet.

Natürlich fordern diese Filme die Frage „Ist das noch Kunst?“ heraus. Das Werk erhebt Anspruch, durch das nichtlineare Prinzip der Interaktion, Verteilung, Aneinandergrenzen, Verbindung der Bilder Allegorien zu schaffen, was reziprok aber auch die Isolation und Umkehrung einer Szene oder eines Bildes in einen anderen Zusammenhang bedeutet, um die darunterliegende Idee herauszulösen aus der scheinbaren Banalität, und die Pseudonatürlichkeit zu dechiffrieren, die unter den Formen der Physiognomien und charakteristischen Konfigurationen liegt, die unsere gewohnte Wahrnehmung kodieren. Und am Ende verwandelt diese Transposition der Objekte innerhalb der Kunstwelt gar nichts. Sie bringt nur die Strukturen der Kunst zum Bewusstsein, die freilich einer gewissen, nun bewusster gewordenen historischen Entwicklung bedurften, bevor diese Metapher möglich wurde. Im Video kreuzen sich Szenen, Bilder und Töne, und ebenso wie auf der Collage entsteht eine Oberfläche auf der man durch gedankliche Einschnitte Freiräume schaffen und Inspirationen suchen kann. Draschans Werk ist ein ständiges Suchen, eine Öffnung nach innen durch die Oberfläche hindurch, wo die Ebenen verschränkt und die visuelle Oberfläche anstatt reine Basis zu sein, zum Objekt wird. (Text: Cem Angeli)

https://www.draschan.com/


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