THE BRUCE HIGH QUALITY FOUNDATION. Die befreiende Qualität des Fiktiven
Die Suche nach einer Identität ist obsessiv geworden. Andy Warhol hat unser lebenslängliches Streben nach fünfzehn Minuten Ruhm als Sache unserer Zeit prognostiziert. Wer heute Celebrity Status erlangt, ist am Gipfel des Erfolgs. Die Kunstwelt ist von diesem Trend nicht ausgeschlossen. Der Typus "weltberühmter Künstlers" wird oft mit ebensolchem Engagement verfolgt, wie die Kunst selbst. Dass der Personenkult dem Profit nicht abdienlich ist, zeigen die Preisniveaus die Kunstwerke berühmter Künstler wie Klimt, Picasso oder Pollock erreichen. Die schwer fassbare Natur des kreativen Genies hat ein Ausmaß der Verehrung erreicht, ob derer Museen zu geheiligten Hallen mutieren.
Eine der faszinierendsten Fähigkeiten von Kunst ist, sich ständig neu zu erfinden. Stile werden in Frage gestellt. Theorien als falsch oder überholt entlarvt. Regeln gebrochen. Letztlich ist es eine Funktion heutiger Kunst, uns Dinge anders sehen zu lassen. Gerade dann, wenn wir glauben, wir haben das Spiel erfasst, mischt Kunst ihre Karten neu.
Gerade lesen wir zum wiederholten Mal von einem Gemälde, das noch teurer verkauft wurde, und vom soundso vielten Jungstar, der die Kunstszene aufmischt. Zur gleichen Zeit setzt bereits eine leise Gegenbewegung ein. Der Personenkult bereitet auch einen Boden für die Suche nach Anonymität. Neu entstehende Kunstkollektive wenden sich gegen Egoismus, Ruhm und Wiedererkennungswert – all dies wird als Auslaufmodell wahrgenommen. Die Rollenzuschreibungen und Bildnachweise begrenzen.
"Die radikalste Ausdrucksform von Kunst ist ihre eigene Existenz." Das ist eine der Schlüsselstellen im künstlerischen Aussagesystem der Bruce High Quality Foundation. Das junge Künstlerkollektiv aus Brooklyn, New York, hat Karriere und Studio erfolgreich im Geist der Zusammenarbeit entwickelt. Auch wenn ihre individuellen Namen bislang in der Presse nicht zu lesen waren und dort auch keine Fotos der einzelnen Personen gezeigt wurden, ihre Philosophie, sagen die Künstler, hat nichts mit diesem "Aura des Unerreichbaren Mist" zu tun, oder mit strategischem Sich-Rar-Machen. Ihnen gehe es um die "befreiende Qualität des Fiktiven", um das Prinzip, dass die so genannten Fakten nicht notwendigerweise zur Wahrheit führen. Das Kollektiv vermeidet, sich an Fakten festmachen zu lassen. Daraus entwickeln sich interessante Herausforderungen: sich nicht für einen offiziellen Wikipedia Beitrag eignen, da Wikipediabeiträge auf Fakten basieren müssen, die sich in zumindest zwei Publikationen wieder finden, oder die möglichst häufige "Missinterpretation" durch die Presse.
Das sind Aspekte unseres künstlerischen Daseins, die uns Spaß machen, heißt es aus dem Kollektiv. Es darf nicht verwundern, dass sich die lose Zusammenarbeit der jungen Herren oft durch das Hochnehmen der Hochkultur charakterisiert: Spiel mit Referenzen, wenn berühmten Kunstwerken ein Bruce Gesicht übergestülpt wird, verrückte Interventionen, wie die inszenierte Protestaktion auf der Art Basel in Miami, Massenevents bei denen z.B. die eigene Version von Cats on Broadway aufgeführt wird. Arbeiten die etwas von Jungenstreichen haben.
Der vielleicht faszinierendste Aspekt des Kollektives besteht in seinem Willen zu existieren und weiter zu bestehen. Folgt man ihren Aussagen, so lautet die Frage, die sie am häufigsten gestellt bekommen, wie lange das Experiment noch weitergehen wird. Die Erfolgsformel der Bruce High Quality Foundation könnten sich politische Projekte zu Nutze machen. Alles im Fluss halten, Offenheit, aufrichtiger Zusammenhalt: Die Ingredienzien funktionieren, ein Ende ist nicht in Sicht. (Text: Janima Nam / Wolfgang Haas)