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RUDOLF RISCHER. Von Bühnen und Bildern

Kategorie: Porträt 23. Februar 2018

Was ist hinter der Mauer und der Tür? Wer ist auf der Treppe, und was geschieht im Zimmer?
Gebäude schweben, Perspektiven kippen, Treppen führen nach  oben und unten, ins Leere. Brücken verbinden Unverbindbares.  Die räumliche Gliederung durch markante Elemente wie Säulen, Galerien, Raumteiler, Stege und dominante, schräge Deckenkonstruktionen wird unterstützt durch expressive Beleuchtungseffekte – ob Lampen, der Mond oder unbekannte Lichtquellen.

Mauern, Oberflächen, und Kanten sind akribisch ausgearbeitet und betonen die Geometrie der Räume. Die Szenerien wirken mehrdeutig, diese geordneten Traum-Labyrinthe sind Wandlungen ausgesetzt, immer wieder teilen sie sich in helle und dunkle Flächen, werden zu Dreiecken oder anderen geometrischen Formen oder Schraffuren.

Die Formen tanzen vor uns in einem unbestimmten abstrakten Raum, hier schweben gegenübergestellte Realitäten. Die Konstruktionen von Rudolf Rischer sind ruhelose Aufenthaltsorte, wo auch die Leere eine existenziell dynamische Bewegung hat. Eine Auswahl neuester Arbeiten des Künstlers ist zur Zeit in der Galerie CA Contemporary in Wien zu sehen.
Um diese Bilder zu verstehen muss man sich hineinlehnen, in sie eintreten, um zu ergründen, was hinter der Oberfläche des Papiers lauert.  Die Räume und Szenen in Rischers Bildern können ausdruckslos oder ergreifend sein, nüchtern und streng, sogar bedrohlich. Die Räume sind dynamisches Zusammenspiel immer neu interpretierter elementarer Formen: Dreieck, Kreis, Rechteck, Linie  von der Abstraktion in die Konkretion überführt. Aus den abstrakten Projektionen entstehen klar gegliederte, dramatische Räume, oft mit mehreren Ebenen verbunden. Linien geben aber hier mitunter ihre Funktion der Ordnung auf und führen uns in die Irre, ins Nichts der imaginären Räume. Rischers Konstruktionen transzendieren die Geometrie, gehen über sie hinaus, sie sind eher Manifestationen von sensorischen und mentalen Zuständen als konkrete Kompositionen aus Technik und Form.

In diesem spannungsgeladenes Verhältnis von Abwesenheit und Anwesenheit kombiniert, verändert, entfernt, verdichtet und reduziert Rischer so entschlossen wie ein abstrakter Künstler, es gibt immer ein Wechselspiel zwischen dem Realen und dem Imaginären in seinen Arbeiten.

Die Ausdrucksstärke der Interieurs ist nicht nur Resultat theatraler Einflüsse, die Dramaturgie der Räume nicht auf ihre ästhetischen, affektiven, psychologischen oder semiotischen Dimensionen beschränkt. Sie haben eine quasi operative Funktion, sie sind keine passiven Schauplätze – das Szenenbild wird selbst zum Akteur. Es ist kein statischer sondern ein dynamischer, performativer Raum, mit dem entweder die Figuren oder die Betrachter interagieren. Es entfalten sich latente Situationen, Dramen die existieren könnten.
Rischer geht konstruktivistisch vor,  sein Verständnis für die operative Dimension räumlicher Anordnungen prägt die Ästhetik. Neuartige Perspektiven, souveräne  Beherrschung der Lichtwirkung und der Farbeinsatz unterstützen die suggestive Wirkung, die auf Vorstellungskraft und dem Spiel mit Volumen beruht. Die Zeit wird aufgehalten in dieser Bühne, es ist die Inszenierung für einen Akt, der gerade daran ist zu beginnen oder zu enden.
Die traumartigen Szenen und nicht definierten Gestalten erschaffen auf Basis von Licht, Schatten und Hintergründen eine beunruhigende Welt.

Die auf ihre essentiellen Formen reduzierte Bildarchitektur wird manchmal begleitet von einigen erkennbaren Figuren, dennoch wird in dem Raum keine Geschichte konstruiert, es gibt keine Erzählung, sondern Form. Auch die Figuren scheinen dort zu sein, um als reine Formen angesehen zu werden. Sie regen die Fantasie an, beim nächsten Betrachten kann alles wieder ganz anders sein. Je länger, je öfter man die Bilder betrachtet, desto mehr Widersprüche über diese verschobene Scheinwelt  geben sie preis. Sie führen mitunter zu Irritation, Störung und Verunsicherung, aber mit Sicherheit zu einer anderen, einer neuen Sicht.

Rischer selbst bleibt bei seiner Darstellung des Unbekannten konsequent und benennt seine Werke stets: « Ohne Titel ». (Text: Cem Angeli)

 

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