HENRI DE TOULOUSE-LAUTREC. Der Weg in die Moderne
Anlässlich des 150. Geburtstages dieses Wegbereiters der Moderne zeigt das Bank Austria Kunstforum in Wien eine umfassende Retrospektive. Kuratiert von Evelyn Benesch, präsentiert die Ausstellung Lautrecs vielfältiges Werk mit Leihgaben aus internationalen Sammlungen – Gemälde, Papierarbeiten, Lithographien und Plakate. Kuratorin Evelyn Benesch zeigt hier auch weniger bekannte Seiten von Lautrecs Werk, sie hat die Ausstellung nach Werkgruppen chronologisch angeordnet.
Lautrec frequentierte in den späten 1880ern die Cabarets, Bordelle und Tanzlokale von Paris und skizzierte Freunde, Künstler, Tänzerinnen, Prostituierte. Diese Welt wurde von Lautrec dank seines scharfen Sinns für Bewegung und Lichteffekte festgehalten. Als großen Beobachter zogen ihn die Gestik der Sängerinnen und Tänzerinnen an, er liebte es auch, die Heuchelei der Mächtigen zu karikieren, die in der Öffentlichkeit die Laster verwarfen, die sie privat genossen.
Degas war zunächst ein wichtiger Bezug für Lautrec, er war von denselben Themen angezogen, Tänzerinnen, Pferde, wobei Lautrec aber mehr die flüchtige Bewegung in seinen Bildern festhielt und daher eine schnelle Technik brauchte. Er besaß ein fotografisches Gedächtnis und arbeitete sehr schnell.
Im Gegensatz zu den Impressionisten interessierte Lautrec die Landschaft als Sujet nicht, er neigte zu lebenden Wesen, vor allem der menschlichen Figur in Bewegung. Er verwendet die Zeichnung expressiv, und nicht nur deskriptiv, und bevorzugte geschlossene Räume mit künstlichem Licht, die ihm erlaubten, mit den Farben und Umrissen in subjektiver Art zu spielen.
Die Inhaber der Cabarets am Montmartre baten ihn um Plakate für die Ankündigung ihrer Vorstellungen, was Lautrec sehr begeisterte, da er in seinen langen Nächten alles zeichnete was er sah. Diese Plakate brachten ihm Ruhm und finanzielle Sicherheit. Anders als der unverstandene van Gogh konnte Lautrec Bilder verkaufen und genoss Anerkennung, wenn diese auch mehr von den Illustrationen in den Zeitschriften und den Plakaten herrührte, als von seinen Ölbildern.
Sein erstes Plakat, die Illustration der Tänzerin La Goulue im Variete Moulin Rouge, machte Henri Toulouse-Lautrec über Nacht berühmt. Es waren die beiden wichtigsten Tänzer des Etablissements: Louise Weber, als La Gouloue, „die Gefräßige“ bekannt (weil sie alle halbleeren Gläser austrank) und Jaques Renaudin, wegen seiner Beweglichkeit „der Knochenlose“ genannt. Mit seiner Begabung für die Psychologie seiner Figuren und ihre individuelle Gesten zeigt er hier die Silhouetten der Figuren in Ebenen, ausgeschnitten auf einem ebenfalls flachen Hintergrund, und gleicht Bild und Schrift zu einer Gesamtkomposition an. Mittel, die aus der japanischen Kunst stammen, die in jenen Jahren in Paris in Mode war, mit den Arabesken und Silhouetten, der asymmetrischen Komposition und den flachen Farbfeldern. Seine Arbeit inspirierte Van Gogh, Seurat, Rouault und viele andere Künstler, die sich für Lithographie und Plakatkunst interessierten.
In den 1890ern reiste Lautrec unter anderem nach London und porträtierte dort Oscar Wilde. Der Alkoholismus und die Syphilis verschlimmerten seinen Gesundheitszustand. Ab 1897 litt er an Anfällen von Depressionen, Manien, und Lähmungserscheinungen der Beine. In einem Delirium Tremens schoss er mit einer Pistole auf eingebildete Spinnen in seiner Wohnung. Trotzdem setzte er seine Arbeit fort und malte schnell und sicher. 1899 musste er allerdings in einem Sanatorium interniert werden, wo er eine Serie von Bildern mit dem Zirkus als Thema produzierte, die im Bank Austria Kunstforum ebenfalls zu sehen sind. Nach drei Monaten wurde er aus dem Sanatorium entlassen und zog zu seiner Mutter in die Nähe von Bordeaux, wo er 1901 nach einem ein Jahr zuvor erlittenen Schlaganfall im Alter von 36 Jahren verstarb. 1922 eröffneten seine Mutter und sein Kunsthändler das Toulouse-Lautrec Museum in Albi, heute viel besucht und Leihgeber für Werke dieser sehenswerten Ausstellung. (Text: Cem Angeli)
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